Freitag, 14. Juni, 8:30 Uhr Wir starten los von Bright und verlassen die Great Alpine Road, die sich Myrtleford über Bright und Omeo quer durch die Alpen von Nordwesten nach
Bairnsdale im Südosten hinzieht und fahren stets bergauf durch Nebel und Nieselschleier in Richtung Mount Beauty, wobei wir jedoch die Abfahrt zu diesem wegen des Nebels rechts liegen lassen und weiter fahren, vorsichtig, denn
auch am Tage sind die Tiere hier aktiv. Ein Wallaby (kleines graues Känguru) hüpft aufgeschreckt vom Straßenrand von dannen und eben – ich schreibe während der Fahrt – musste Eva scharf bremsen, denn ein merkwürdiger,
fasangroßer Vogel mit langen Schwanzfedern flatterte im Tiefflug über die Straße. Höchster Punkt, den wir erreichten: 895m. Wir fahren weiter auf dem Valley Highway nach Norden, raus aus den Alpen und den wolkenverhangenen
Bergen. In Yackandandah, einer historischen Kleinstadt, machen wir einen kurzen Spaziergang und stellen fest, dass die Kleinstädte abseits der Großstädte über keinerlei Gewerbegebiete oder Shoppingzentren verfügen, sondern sich
das Geschäftsleben mitten auf der Hauptstraße der Orte abspielt. Ergebnis: Lebendige, sehr schön eingerichtete Läden und Geschäfte. Gefällt uns ausgesprochen gut. Wir fahren weiter nach Beechworth, ein Ort, den wir unbedingt
ansteuern wollten, zählt er doch zu den zwei bemerkenswertesten Orten Victorias, und das zu recht! Die Stadt wurde groß zu den Zeiten des Goldrausches in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts und fast alle heute zu bestaunenden
Gebäude sind über 100 Jahre alt. Aber das wäre noch nicht das Besondere. Im Zuge des Goldrausches zogen Tausende von Chinesen, die von anderen Orten Australiens vertrieben wurden, in die Stadt und sind auch heute keine Gebäude
der Volksgruppe erhalten, so kann man zumindest den chinesischen Friedhof der Stadt bestaunen, der neben dem städtischen beheimatet ist. Ein Rundweg durch das gesamte Friedhofsareal führt uns zunächst an Gräbern bedeutender
(weißer) Pioniere der Stadt vorbei, die wegen ihrer Kriegsteilnahme Berühmtheit erlangten. Sie kämpften in so verschiedenen Kriegen wie den Napoleonischen, dem Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg oder im Bürgerkrieg zu Mexiko.
Dann aber stehen wir am Hang des chinesischen Friedhofs. Fein säuberlich aufgereiht stehen Steinplatten für Steinplatten nebeneinander, jede in roter Farbe mit chinesischen Schriftzeichen versehen. Am Fuße des sanften Hügels
die Hauptattraktion: Die “Chinese Burning Towers”. Unsere 1. Vermutung, dass hier die Körper der Verstorbenen verbrannt wurden, bestätigt sich nicht nach dem Studium der Infotafeln. Während der Beerdigungszeremonie wurden in
den schlanken mit Löchern versehenen Türmen mit roten Spitzenkappen Lebensmittel und Papiere, auf denen Gebete geschrieben wurden, verbrannt, quasi als Mitgift für den Toten für seine Reise ins Jenseits, eine Sitte, die v.a. in
Südchina weite Verbreitung fand. Nahezu 2000 Chinesen sollen hier noch begraben sein. Viele der Abertausende ließen sich aber – als Tote – nach China einschiffen; sie wollten in ihrer Heimaterde begraben sein. Gefahren km: 313 |