Der Kreuzbaum

Mit einem Klick zum Großbild!
Mit einem Klick zum Großbild!
Mit einem Klick zum Großbild!
Mit einem Klick zum Großbild!
Mit einem Klick zum Großbild!
Mit einem Klick zum Großbild!
Mit einem Klick zum Großbild!
Mit einem Klick zum Großbild!

Was wäre unsere Straße ohne den Kreuzbaum? Gott sei Dank steht er noch. Genaugenommen sind es ja drei Bäume, die so majestätisch in die Luft ragen und uns Perspektive, Raum nach oben, im Sommer Schatten und das ganze Jahr über Geborgenheit geben. Schon immer war im Mittelpunkt des durch die beiden mächtigen Ahornbäume und die Linde gebildeten Dreiecks ein großes Kreuz aus Holzbalken aufgestellt. Regelmäßig wurden frische Blumen zu Füßen des gekreuzigten Christus in ein dort angebrachtes Glasgefäß eingesetzt. Wie mir meine Mutter erzählte, damals von der alten Frau Beyer. Die Beyer-Familie, das sind Stadtbauern, denen dieses Grundstück mit dem Kreuzbaum gehört. In meiner Kindheit wohnten sie noch nicht hier. Ohne Zaun stand das Gelände mitten in unserem Wohngebiet und war lediglich der Platz für einen alten holzverkleideten Stadel und einen Jauchewagen, der schon eine Ewigkeit ausrangiert und neben dem Gebäude platziert war. Wir spielten oft auf diesem Grundstück. Vor allem der Kreuzbaum hatte es uns angetan. Wie oft ließ er sich es geduldig gefallen, daß wir Kinder uns an seinen fast bis zum Boden reichenden elastischen Ästen wie an einem Tarzanseil voll Übermut mit großen luftigen Bewegungen hin und her schwangen. Doch auch der Jaucheanhänger zog uns magisch an. Er war unser "Raumschiff Enterprise", auf dem wir die Besatzung darstellten - von Captain Kirk über Mr. Spock bis zu Chekov - und so manches Abenteuer inszenierten. Es war nicht leicht, die hohe Plattform des Gefährts zu erklimmen. Wir kletterten am Vorderrad nach oben und postierten uns auf einem der beiden röhrenförmigen - natürlich leeren - Jauchebehälter, die in der ganzen Länge auf der Grundfläche des Wagens aufgebockt und befestigt waren. Der ganze große Karren war aus Holz.
 

Einmal wollte ich - neugierig wie ich stets war - das Innere einer solchen Jaucheröhre erkunden. Ja, ich war damals von solch geringer körperlicher Proportion, dass ich in dieses längliche Fass klettern konnte. Mein Entdeckungsdrang hatte leider böse Folgen: Ein Wespenvolk fühlte sich durch meinen ungelegenen Besuch derart gestört, dass es aus seinem großen Nest schwärmte und meine lästige Neugierde mit einem Stich quittierte.
 

Nach einigen Jahren wurde der Stadel abgerissen. Bis auf die Tatsache, dass es nun etwas "nackter" auf dem Grundstück aussah, war dieser Umstand kein großer Verlust für uns Kinder - im Gegenteil. Ich erinnere mich noch daran, dass wir die vielen Ziegelsteine des ehemaligen Gebäudes dazu verwendeten, uns ein eigenes Häuschen zu bauen. Stein um Stein wurde,  wie beim Maurer, aufeinandergesetzt, und es entstand in der Tat ein viereckiges größeres Zimmer, das wir zuletzt schließlich noch mit einem Fenster modernisierten: Eine Lücke wurde in einer Wand gelassen; die Steine über der Oberkante der Lücke wurden auf einem Brett getragen, das in die Wand miteinbezogen war. Ein Stück Kartoffelsack diente als Vorhang.
 

Doch nach einiger Zeit wurden auch die letzten Reste des Stadels abgetragen und damit auch unser "Lager"; Familie Beyer begann zu bauen.
 

Heute haben diese Nachbarn ein beneidenswert großes Grundstück mit vielen Bäumen, Hecken und Büschen. Dieser große bunte Garten ist ein unverzichtbar kostbares Geschenk für dieses Wohnviertel. Möge auch der Kreuzbaum, das augenfälligste Merkmal dieses Terrains, so lange erhalten bleiben wie es der natürliche Gang der Dinge erlaubt.

 

12.4.2002