Wie euer Kommunionanzug
nach Polen kam

Zu Andis Erstkommunion im Mai 1973 kauften wir einen schönen dunkelblauen Kommunionanzug mit Samtstehkragen und dazu ein feines weißes Hemd. Vier Jahre später trug auch Thomas beides zu seiner Erstkommunion. Er war ein Stück größer als Andi, und die Fotos zeigen, daß die Ärmel und Hosenbeine arg knapp bemessen waren. Florian, nach weiteren vier Jahren unser letztes Kommunionkind, paßte weder in der Länge noch in der Breite in den Anzug. Er bekam einen neuen, den ich bis heute aufgehoben habe.

In der Fastenzeit des Jahres 1983 bat die hiesige polnische Gemeinde durch einen Aufruf im DONAU-KURIER, gebrauchte Kommunionkleidung zu spenden und an bezeichneter Stelle abzugeben. Daraufhin brachte ich unseren ersten Kommunionanzug mit Hemd und Schuhen zu dem höl-zernen Gebäude gegenüber dem Volkfestplatz, das den Polen damals als Gotteshaus diente. In eine der Hosentaschen steckte ich einen kleinen Zet-tel mit unserer Anschrift und dem Segensgruß "Gott schütze Dich". Ein älterer Mann nahm mir mein Päckchen ab, bedankte sich freundlich und versicherte mir, daß der Anzug ganz bestimmt an seinem Ziel in einer polnischen Pfarrgemeinde ankäme und dort an Bedürftige weitergegeben werde.

Einige Wochen danach erhielt ich einen Brief von einer Frau Barbara Stelmach aus Breslau. Sie hatte für ihren Sohn Peter unseren Kommunionanzug bekommen und durch das in der Hosentasche gefundene Zettelchen die Möglichkeit wahrgenommen, mit uns Kontakt aufzunehmen und sich mit herzlichen Worten in gebrochenem Deutsch zu bedanken. In dem Brief stand auch, daß sie Witwe sei und noch zwei kleine Töchter habe.

Zu der Zeit, als mich dieser Brief erreichte, hatte unsere Regierung für eine Zeitspanne von einigen Wochen Paketsendungen nach Polen portofrei genehmigt, um den Bundesbürgern die Gelegenheit zu geben, die momentane Notlage der dortigen Bevölkerung mit Hilfssendungen zu mildern. Ich wollte helfen - und jetzt hatte ich sogar eine Adresse!

In das erste Paket, das ich an Frau Stelmach sandte, legte ich zu klein gewordene Wintermäntel, warme Mützen, Schuhe und Pullover von meinen Buben sowie Fett, Reis, Haferflocken und ein paar Süßigkeiten. Es war so schwer, daß ich es kaum auf meinen Gepäckträger heben konnte und ich mußte das Radl bis zum Postamt schieben, weil ich auf dem Sattel keinen Platz mehr hatte.

Frau Stelmach bedankte sich überschwenglich für die willkommene Hilfe. In aller Eile stellte ich noch mal ein Paket zusammen und brachte es zur Post, denn schon in wenigen Tagen sollte die Portofreiheit wieder aufgehoben werden. Es war genauso schwer und groß wie das erste. Diesmal schickte mir Frau Stelmach neben dankbaren Grüßen Fotos von ihren drei Kindern und ein Brautbild. Sie hatte ein zweitesmal geheiratet. Ich war froh darüber; von nun an stand wieder ein Mann an ihrer Seite, sie war nicht mehr allein mit ihren Sorgen und Nöten und die Kinder noch klein genug, um sich an den neuen Vater zu gewöhnen.

Seitdem habe ich nichts mehr von dieser Familie gehört. Manchmal denke ich an sie. Ich hoffe, daß aus dem Kommunionkind Peter im fernen Polen ein guter Mensch geworden ist.